A01 |
Lettered and Inscribed. Inscriptions in Urban Space in the Greco-Roman Period and Middle Ages |
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UP2
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The materiality of building inscriptions of Christian Sacred Architecture in the Western Roman Empire |
current staff members
Teilprojektleiter | Prof. Dr. Christian Witschel |
akademischer Mitarbeiter | Dr. Sebastian Watta |
former staff members
akademischer Mitarbeiter | Dr. Stefan Ardeleanu |
Bauinschriften bildeten einen festen Bestandteil antiker Inschriftenkultur. Sie stellten durch ihren Textinhalt, aber auch durch ihre materiale Ausgestaltung und architektonische Kontextualisierung das finanzielle Engagement einzelner Personen oder Personengruppen für Bauprojekte, in der Regel mit öffentlichem Charakter, heraus und prägten dadurch in entscheidender Weise den „epigraphic habit“ der antiken Welt.
In der Spätantike etablierte sich durch die Förderung des Christentums im Zuge der Religionspolitik Konstantins im 4. Jh. der monumentale christliche Sakralbau immer stärker als neue Bauform. Im Westen des Imperium Romanum entstanden neben Bauprojekten, die von Angehörigen des Kaiserhauses initiiert wurden, ab der Wende vom 4. in das 5. Jh. vermehrt Gemeinde-, Memorial- und Coemeterialkirchen sowie Kapellenbauten, für deren Errichtung und Ausstattung begüterte Finanziers aus den Gemeinden – darunter sowohl Laien als auch Kleriker – Mittel beisteuerten. Man errichtete vielfach Bauten von beeindruckenden Ausmaßen, die in ihren Gesamtkonzepten der Raumausstattung neue „Inschriftenräume“ bereitstellten, um die sich entwickelnden Rollenbilder des Bischofs und Klerus als Bauherren sowie den christlichen „Euergetismus“ der Gemeinde in angemessener Form hervorzuheben.
Im Fokus des Projektes stehen tituli, die unter Verwendung eines variationsreichen Textformulars Bezug nehmen auf die Neuerrichtung, Renovierung oder bauliche Modifikation eines Kirchenbaus, seiner Binneneinheiten oder funktionalen Anbauten. Sie dokumentieren und kommemorieren das finanzielle Engagement einzelner Personen, die gemeinsame Leistung bestimmter Gruppen oder auch der gesamten christlichen Gemeinde einer Siedlung. Teilweise vermitteln sie zusätzlich auch noch Informationen zu Hintergründen der Bauinitiative und zu den am Bauvorgang beteiligten Personen.
Das Projekt arbeitet gemäß der Ausrichtung des SFB 933 und des darin entwickelten methodischen Instrumentariums stark materialitäts- und kontextbezogen (topologisch und praxeologisch). Für eine diesbezügliche Auswertung der Befunde werden epigraphische und archäologischer Methoden sowie Analyseinstrumente der Bauforschung herangezogen.
Während die topologische Analyse die räumliche Verortung des schrifttragenden Artefaktes in den Blick nimmt und daher etwa danach fragt, welche Bedingungen für die Platzierung einer Bauinschrift im architektonischen Konzept ausschlaggebend waren und welches Publikum intendiert war, bietet die praxeologische Analyse eine Möglichkeit der Annäherung an die Wahrnehmung von und den Umgang mit Bauinschriften in der Spätantike. Die Untersuchung der Inschriften in ihrer materialen Beschaffenheit und technischen Umsetzung wird mit der Auswertung von zeitgenössischen Metatexten verbunden, die realisierte oder auch fiktive Bauinschriften in ihrem architektonischen bzw. rein literarischen Rezeptionskontext thematisieren, für die keine materiale Umsetzung intendiert war.
Um zu verstehen, auf welchen sozio-kulturellen Bedeutungsebenen spätantike Bautituli ihre Wirkung entfalteten, verfolgt das Projekt auch einen rezeptionsästhetischen Ansatz mit Blick auf das rekonstruierbare historische Aussagespektrum der genutzten Trägermaterialien, Techniken und formalen Umsetzungen. In welchen Nutzungskontexten kamen beispielsweise in Stein gemeißelte Inschriften zum Einsatz und wann entschied man sich eher für die Umsetzung in Mosaik?
Die Materialauswertung erfolgt in einer regionalen Ausdifferenzierung der Inschriften. Durch Vergleiche sollen auf diese Weise regionale und auch überregionale Unterschiede in der Nutzung und der Rezeption von Bauinschriften herausgearbeitet und miteinander kontrastiert werden. In einem weiteren Schritt wird nach möglichen Modifikationen der Nutzungs- und Gestaltungspraxis der Inschriften und ihrer Kontexte in diachroner Perspektive gefragt bzw. stabile und kontinuierlich angewandte Merkmale in den Blick genommen. Inwiefern schließen spätantike christliche Bautituli hinsichtlich ihres Formulars, ihrer Verortung und Gestaltung sowie ihres intendierten Wirkpotenzials an pagane kaiserzeitliche Formen an, und inwiefern bereiten sie die Ausgestaltung der Bauinschriften des (Früh-)Mittelalters vor?